Zugegeben, auf den ersten Blick sieht das Buch wirklich edel aus…mal abgesehen von den Sponsorenhinweisen auf der Vorderseite. Um es vorweg zu nehmen, das Buch wird mit Sicherheit polarisieren, handelt es sich doch nicht um eines der „üblichen“ Bücher über unser ach so geliebtes Hobby. Statt auf die Standardthemen wie Angeltechniken, Köder und Gerät einzugehen, fahren die Autoren eine andere Schiene. Hier wird das Thema Hechtangeln von der wissenschaftlichen Seite aus betrachtet – ja richtig gelesen, wissenschaftlich.
Die Autoren haben sich die Mühe gemacht Studien und deren Ergebnisse bezüglich des Themas Hechtangeln auszuwerten. Dabei wird vor allem auf Umweltfaktoren, Fischphysiologie, Stoffwechsel, metrologische Faktoren etc. eingegangen. Hört sich trocken an – ist es vermutlich für den einen oder anderen Leser auch. Wer allerdings wirklich tiefer in die Materie des Hechtangelns einsteigen will und auch verstehen möchte wieso die Dinge so sind wie sie eben sind, der könnte Interesse an dem Buch finden.
Bei nüchterner Betrachtung gibt es aber auch ein paar Sachen die man nicht verheimlichen sollte. Zum einen ist es die Aussagekraft von Studien. Wer sich selbst schonmal studiumsbedingt mit dem Thema Studien auseinandergesetzt hat weiß, dass die Ergebnisse einzelner thematisch identischer Studien teils heftig divergieren oder gar grundverschieden sind. Darüber hinaus dürften viele der Studien an Hechtpopulationen im Ausland oder gar auf anderen Kontinenten durchgeführt worden sein. Ob diese Ergebnisse auf unsere heimischen Gewässer oder unseren Esox lucius übertragbar sind, könnte man durchaus auch in Frage stellen. Hinzu kommt noch, dass es sich bei dem Buch um eine Zusammenfassung und damit auch in gewisser Weise um eine Interpretation des Autors handelt der- er möge mir verzeihen- soweit ich weiß anglerisch noch nicht so stark in Erscheinung getreten ist (allerdings gibt es auch Gastbeiträge bekannter Angelgrößen). Das muss aber kein Nachteil sein.
Auch die immanente Werbung im Buch für Deeper und Spro finde ich in einem Sachbuch etwas deplatziert und unseriös. Allerdings scheint das aktuell in Mode zu sein. Das Buch Hecht-Angeln vom Dänen Jens Bursell welches in einem gesonderten Review demnächst hier vorgestellt wird, ist noch voller mit (immerhin geschickt platzierter) Werbung.
Grundsätzlich sollte der Leser respektive der Angler sehr vorsichtig sein mit Autoren oder „Prominenten“ die nicht müde werden in ihren „Fachbeiträgen“ nonstop den Ködernamen runter zu lamentieren. Interessanterweise wechseln diese Ködernamen immer nach einem Wechsel des Sponsors. Bedeutet das aber im Umkehrschluss dann auch, dass der ach so gelobte Köder aus dem Vorjahr plötzlich nicht mehr fängt? Mitnichten – hier geht es schlichtweg ums Geld und die Marketingmaschinerie. Aber das ist wieder ein anderes Thema.
Zur Ehrenrettung muss man aber sagen, dass nicht aggressiv für den Hersteller dessen Werbung im Buch geschalten ist, geworben wird. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass die Werbeplatzierung aus Kostengründen im Buch vorgenommen wurde. Das liegt nunmal in der Natur des Sponsorings.
Zurück zum Buch:
Würde ich es empfehlen? Definitiv ja.
Würde ich es uneingeschränkt empfehlen? Nein.
Würde ich es einem Anfänger empfehlen der gerade angefangen hat in die Fischerei einzusteigen sich aber seiner anglerischen Vorlieben und Zielfischorientierung noch nicht sicher ist? Nein, dafür wird zu tief in die Materie eingegangen. Außerdem empfiehlt es sich zumindest rudimentäre Grundkenntnisse in Limnologie zu haben, wenngleich der Autor des entsprechenden Abschnitts die Thematik wirklich leserfreundlich aufbereitet hat. Aber von ein paar Fachausdrücken sollte man schon im Vorfeld z.B. währen des Vorbereitungskurses zur Fischerprüfung, schonmal gehört haben. Hier sind die Leute ganz klar im Vorteil die, wie ich damals eben auch, mehrere Monate lang am Wochenende den Vorbereitungskurs zur Fischereiprüfung besucht haben. Wer allerdings einen zweitägigen Crashkurs, wie teilweise in Norddeutschland mittlerweile möglich, besucht hat, kann schon etwas überrascht sein wie weitreichend die biologischen respektive limnologischen Komponenten und die metrologischen bzw. physikalischen Faktoren miteinander wechselwirken.
Würde ich es fortgeschrittenen, enthusiastischen Hechtanglern empfehlen die noch tiefer in die Materie um Umwelteinflüsse, Wassertemperatur und andere Parameter rund um den Hecht und seine Umwelt einsteigen wollen? Definitiv ja.
Auch muss man ehrlicherweise sagen, dass es ein Buch wie dieses in diesem Umfang und in der Qualität was die wissenschaftliche Datengrundlage betrifft, bisher noch nicht auf Deutsch gab bzw. mir zum aktuellen Zeitpunkt kein anderes Buch bekannt wäre, dass sich so tief mit der Materie befasst hat. Bisher war das Buch von Bertus Rozemeijer „Der Hecht“ für mich eines der Standardwerke über die Hechtfischerei (das ist es auch weiterhin), allerdings ist das Buch „Der Hecht“ eine wirklich mehr als nur sinnvolle und auch empfehlenswerte Erweiterung aufgrund seiner naturwissenschaftlichen Datengrundlage. Kurz gesagt: Über 270 interessante Seiten für den ernsthaften Hechtangler.
Wünschenswert wäre an dieser Stelle auch ein Buch über die Forelle mit ähnlich fundierten und zusammengetragenen sowie ausgewerteten Studienergebnissen.
Preise von 25-30€ pro Buch sind zwar kein Pappenstiel aber Qualität kostet halt auch oder wie Opa immer sagte: „Junge, nichts im Leben ist um sonst, alles hat seinen Preis denn selbst der Tod kostet das Leben.“
Natürlich habe ich mir aus Neugierde (und weil ich als Boni einen Amazongutschein von meinem Arbeitgeber bekommen hatte…) auch das Buch aus der Reihe über den Zielfisch Zander bestellt. Dieses steht allerdings noch eingeschweißt im Regal. Vorher stehen erst noch einige andere Angelbücher auf meiner Agenda. Ziel ist es über das Zanderbuch bis spätestens Ende 2020 ein Review zu schreiben. Wer sich also hierfür interessiert sollte von Zeit zu Zeit mal auf angeln-24.de vorbei schauen.
PS: Wer mit dem Gedanken spielt die Werbung aus dem Buch zu entfernen indem er einfach die entsprechende Seite heraustrennt (hätte ich ohne zu zögern gemacht), den muss ich enttäuschen. Leider ist auf der Rückseite Text…